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Silvester-Sorge in Köln: „Jeder kann sich hier mit einem Bomben-Rucksack vor den Dom stellen, wenn er will“
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Köln Dom
Niklas Golitschek/FOL Wegen der Anschlagswarnung befindet sich die Kölner Polizei in hoher Alarmbereitschaft.
  • FOCUS-online-Reporter

Ausnahmezustand am Kölner Dom: Zum ersten Mal ist die Kathedrale zwischen den Jahren für den Publikumsverkehr geschlossen, die Polizei überblickt das Geschehen mit einem Großaufgebot. FOCUS online hat sich bei den Touristen ein Stimmungsbild eingeholt.

Allein die Polizeipräsenz signalisiert die Gefahrenlage. Auf den Kölner Domplatten stehen Dutzende blau-weiße Transporter. Immer wieder bahnen sie sich für die Rotation ihren Weg durch die Menschenmassen. Vor dem Haupteingang stehen die Beamten in zwei Zelten und lassen Besucher nur nach ausgiebiger Kontrolle für die Gottesdienste in die Kathedrale – interessiertes Publikum weisen sie freundlich ab.

Wegen der Anschlagswarnung befindet sich die Polizei in hoher Alarmbereitschaft. An Heiligabend haben Spezialeinheiten eine Wohnung in Wesel durchsucht und fünf Männer in Gewahrsam genommen. Ein 30-jähriger Mann, zu dem laut Polizei „staatsschutzrelevante Erkenntnisse vorliegen“, bleibt dort bis zum 7. Januar zur Gefahrenabwehr; die vier anderen kamen wieder auf freien Fuß.

Köln: 100.000 Besucher am Dom trotz Gefahrenwarnung

Vor dem Dom lassen sich viele Touristen dennoch nicht von der Gefahrenwarnung abschrecken. Wer auf den Erinnerungsfotos keine Polizeipräsenz sehen möchte, nutzt den Nebeneingang als Kulisse. An einer kurzfristig aufgebauten Kerzenbude am Seiteneingang können Besucher trotz der Schließung eine Kerze für ihre Lieben anzünden.

Karsten Lassen und seine Gruppe zählen zu den 100.000 Besuchern, die zwischen den Jahren gerne den Dom besucht hätten - und nun vor verschlossenen Türen stehen. „Wir sind 500 Kilometer angereist und haben uns mental darauf vorbereitet, die Treppen hochzukrabbeln“, sagt der Hamburger und schmunzelt.

Laut dpa soll die islamistische Gruppe, die den Anschlag mutmaßlich plante, Verbindungen zum Islamischen Staat Provinz Khorasan (ISPK) pflegen. Die Gruppe bekämpft in Afghanistan die ebenfalls islamistische Taliban und versteht sich als Ableger des Terrornetzwerks „Islamischer Staat“ (IS). Unter anderem in den sozialen Medien sprechen daher manche von einer fehlgeleiteten Flucht- und Migrationspolitik der Bundesregierung. Sie führe zu solchen Gefährdungslagen.

Köln Dom
Niklas Golitschek/FOL Anschlagswarnung auf den Kölner Dom: Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort, das Gotteshaus abgeriegelt.

„Wenn Hunderttausende zuwandern, lässt sich eben nicht ausschließen, dass auch Terroristen darunter sind“

Am Kölner Dom indes zeigt sich zwischen den Jahren ein anderes Stimmungsbild. „Das ist die allgemeine Entwicklung in der Weltpolitik“, klinkt sich ein Freund Lassens in das Gespräch ein. Der Krieg in Gaza oder das Erstarken radikaler Islamisten in Afghanistan würden dazu führen, dass entsprechende Gruppierungen auch in Europa aktiver werden, ist in Köln mehrfach zu hören.

Und: „Wenn Hunderttausende zuwandern, lässt sich eben nicht ausschließen, dass auch Terroristen darunter sind“, sagt der Freund und ergänzt: „Abschotten können wir uns nicht davon“. Lassen stellt klar: „Nicht alle Migranten sind Terroristen.“ Er gibt außerdem zu bedenken, dass etwa die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) bereits Anschläge verübt habe, bevor in Deutschland Debatten über Migration und Terror überhaupt ausgebrochen waren.

„Bekloppte gibt es immer“, sagt ein anderer Mann, der gerade mit seiner Mutter und der Tochter am Dom entlang spaziert: „Das kann auch bei Evangelikalen oder Katholiken passieren.“ Die Mutter, aus der Eifel angereist, erzählt, wie warmherzig Geflüchtete in ihrem Dorf aufgenommen und umsorgt würden. Doch die schwache Infrastruktur in der Region schrecke Zugewanderte noch mehr ab als Deutsche. „Keiner will zu uns“, bedauert sie.

„Man sollte nach außen zeigen: Wir lassen uns keine Angst machen“

So mancher Tourist an der Domplatte macht aus seiner Gesinnung keinen Hehl. Ein älterer Mann bezeichnet die Polizeikulisse als interessant, als er mit seiner Gruppe Richtung Fußgängerzone läuft. Er sei als Jäger selbst Waffenträger, sagt er. Wie er über Zuwanderung denkt? „Ich sage immer: Deutschland den Deutschen“, zitiert er eine rechtsextreme Phrase und fährt fort: „Da kommen wir besser mit zurecht.“

Eine stärkere Reaktion hätte sich Marco Knevel von den Kölnern gewünscht. „Man sollte nach außen zeigen: Wir lassen uns keine Angst machen“, sagt der Ostfriese, kurz nachdem er mit seiner Familie ein Selfie-Foto mit dem Dom im Hintergrund aufnimmt. Das Gotteshaus abzuriegeln, halte er für das falsche Signal. „Kommt trotzdem!“, so sein Motto. Die Familie habe ihre Drei-Tages-Reise bewusst und extra nicht abgesagt, um ein Zeichen zu setzen.

Köln Dom
Niklas Golitschek/FOL Köln-Tourist Marco Knevel mit seiner Familie vor dem Dom.

Zwar erfährt die Polizeipräsenz unter den Besuchern breite Zustimmung. Ein mulmiges Gefühl beschleicht dennoch so manchen Touristen. „Jeder kann sich hier mit einem Bomben-Rucksack vor den Dom stellen, wenn er will“, sagt eine Frau. Auf den Domplatten selbst kontrolliere die Polizei schließlich kaum.

Doch von solchen Gedanken müsse man sich freimachen, sagt eine andere Besucherin. „Das kann einem ja eigentlich überall passieren.“

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