Am Rhein wird der "Tatort" zum Bratort: Ist der Täter geschnappt, gibt’s hier für die ARD-Kommissare Schenk und Ballauf oft Currywurst. Und fürs Publikum eine Postkartenansicht der Stadt, beginnend mit der Hohenzollern-Brücke (1): Wie drei riesige Kleiderbügel überspannt sie den Strom von der "Schäl Sick", nach Ansicht der Kölner die schlechte, industriell geprägte rechte Uferseite, zur linken mit Dom und Altstadt. Doch die kurze Zielfahndung von der 360-Grad-Aussichtsplattform des 103 Meter hohen Büroturms Kölntriangle (2) beweist: Das Wurst-Mobil steht wohl nur während der Dreharbeiten dekorativ herum. Dafür zeigt sich Kölns Panorama in Höchstform: bunte Altstadt-Spitzgiebelhäuschen am Rheinufer und die grauen Turm-Mützen von zwölf romanischen Kirchen dahinter – steinerne Urahnen der mehr als 2000-jährigen Stadtgeschichte. Sie markieren die zentralen "Veedel", die Viertel innerhalb des einstigen Stadtgrabens.
Mittendrin
Erster Eindruck am Dom (3) (Domkloster 4, www.koelner-dom.de): Gotik meets Platte. Das düstere Kirchen- Mittelgebirge thront inmitten der fußballplatzgroßen, grauen Bodenversiegelung namens Domplatte – nebst Siebzigerjahre-Museumsklotz auf Stein-Stelzen. Nur zu gern zoomt mein Auge auf antike Säulenreste und die Altrömische Hafenstrasse (4), Kölns einzige freigelegte Gasse der Stadtgründer mit grobem Basaltpflaster und Erklärtafeln.
Zurück im Weitwinkel-Modus, fällt der Blick oft auf schmuddelige Fliesenfassaden, rostige Balkone und Straßen in Betongräben, Relikte des autogerecht geplanten 20 Wiederaufbaus nach 90-prozentiger Kriegszerstörung. Ein Reizwort dazu reicht, schon lernen wir die Kölner und ihre Seele kennen: "Schön?
Näää, dat is de Zitty nit", geben sie zu. Um sogleich zu kontern, mit einem Zitat der Dialekt-Schunkler "Bläck Föss": "Aber mir sin die Weltmeister vom Rhing (Rhein) / wä uns nit kennt, hätt de Welt nit jesinn!" Etwas selbstbesoffen, gerne lavierend, meist forsch und fröhlich - kaum eine andere Stadt zeigt ihre Lebensart an so vielen Ecken im Zentrum: Die Holzfigur "Platzjabbek" streckt zur vollen Stunde im Rathausturm (5) die Zunge heraus, sein blechernes Gegenüber "Kallendresser" zeigt Bürgern und Stadtoberen den nackten Hintern (Alter Markt).
Tünnes und Schäl (6) - der bauernschlaue Zuzügler und der schlitzohrige Stadtkölner – belauern einander als Kupfer-Denkmal um die Ecke (Brigittengässchen). Wer es wagt, in den umliegenden Brauhäusern statt eines Kölschs ein Mineralwasser zu bestellen, hört vom schnoddrig-schnauzbärtigen Köbes (Kellner) nur: "Mit Seife und Handtuch?"
Drumherum
Abseits der City lohnen sich die Südstadt (7), einst rebellisch-alternatives Böll- und BAP-Quartier, heute sanierte Stuck-Altbau-Idylle, und Eigelstein, schmale Handwerkergassen, Döner-Läden, Ex-Rotlichtmeile – zwei "Veedel" mit eigenem Sound. Auch weil Philipp Oebel hier zur "Stroßesänger-Sonndachstour" lädt (www.philipp-oebel.de). Der 52-Jährige klampft und erklärt Karnvealsklassiker zum Mitsingen - und "Et Kölsche Jrundjesetz": "Et es wie et es", "wat wells de maache" und "et hätt noch immer jot jejange" - drei von elf Mantras vollrheinischer Genügsamkeit. Noch so ein Wesenszug dieser Stadt.
Und wo zeigt sie Aufbruch, Wagemut? Projekte mit Wow-Effekt? Am wiederbelebten Rheinauhafen (www.rheinauhafen-koeln.de). Einst kilometerlanger Kai für Stückgut und Getreidefrachter, heute Flaniermeile mit Edel-Läden, Cafés und senfgelbem Siebengebirge (8),dem wegen seiner vielen Spitzen sogenannten, prächtig renovierten Lagerhaus Komplex von 1909. Drei Kranhäuser (9): Die Hafenkränen nachempfundenen Büro-und Wohntürme sind kühner und kühler Blickfang.
Das Deutsche Sport- und Olympiamuseum (10), Parcours vor allem nationaler Medaillen-Helden von 1896 bis heute, animiert auch zu Selbstversuchen als Gewichtheber der Radrennfahrer (Im Zollhafen 1, www.sportmuseum.de).
An der Südspitze des Rheinauhafens dann eine Überraschung: die Wurstbraterei (11) aus dem "Tatort". Hier an seinem Stammplatz, serviert Wirt Ralf Jäger gern den "Zuchthausteller" (Frikadelle mit Kartoffelsalat), klönt über die kulinarischen Vorlieben der Krimistars und über spannende Drehs, für die er seinen 60 Jahre alten Imbissbuden-Oldie stets auf die andere Rheinseite kutschiert.
Einkaufen
Raus aus der City, rein ins Belgische Viertel! Statt 08/15-Ladenketten lieber Straßenketten mit gut 50originellen Läden im quirligen Szene-Quarree durchstreifen. Bei Franta (12) ist alles originalretro: Jukeboxen, Vespas und das von einer Hauswand stammende vergoldete 4711-Logo (Nr. 18, www.franta.de).
Hack (13) fertigt exquisite Lederjacken,-taschen und -gürtel (Nr. 22, www.lederware.de). Frau Kayser (14) hat selbstklebende Nofall-Schnurrbärte, Karotten-Anspitzer und andere schräge Mitbringsel (Nr. 40, www.boutique-fraukayser.de). Brüsseler Straße: Mode junger Designerin Bonbon-und Blumen-Design oder klassisch-schwarz im Magasin 2 (15) (Nr. 48, www.magasindeux.tumblr.com).
Exotische Ketten, oft Einzelstücke, kreiert Contasbrasil (16,) (Nr. 58, www.contasbrasil.de). Antwerpener Straße: Schellack-Schätze, Vinyl-LPs und eine Schallplatten-Waschmaschine bietet Nunk Music (17) (Nr. 16, www.nunkmusic.de). Aktuelle Pop-Art von Banksy bis Walker zeigt die 30Works Galerie (18) (Nr. 42, www.30works.de).
Essen & Trinken
Klein und fein: das französisch angehauchte Amabile (19) – vom Gruß aus der Küche (Champagner- Trüffel-Eis) über Lamm an Rhabarber-Schalotten-Chutney bis zum 1-a-Service (Görresstr. 2, Tel. 0221-21 91 01, www.restaurant-amabile.de).
Besten Dom-Blick, gute Querbeet-Karte plus Beach-Club bieten die Rheinterrassen (20) auf der "Schäl Sick" (Rheinparkweg 1, Tel. 0221-65004321, www.rhein-terrassen.de).
Törtchen Törtchen (21) nennt diese "Ein Traum" (Himbeeren in Limettenmousse aufCheesecake) oder "Delhi" (Mango mit Kokos-Currycreme) und serviert im Innenhof. Ein Genuss! (Apostelnstr. 19, www.toertchentoertchen.de).
Köln hat die höchste Kneipendichte deutscher Großstädte und eine der besten Bars: Das Spirits (22) mixt nur frische Säfte in seine Cocktails (Engelbertstr. 63, www.spiritsbar.de). "Milljöh"-Typen hocken am Tresen von Klein Köln (23) bei Willy, der den Kickertisch wegschiebt, wenn Heiner Lauterbach tanzt
(Friesenstr. 53, www.klein-koeln.com).
Schlafen
Das Hotel Chelsea (24) im Belgischen Viertel hat Zimmer mit zwei Ebenen und eigener Mini-Dachterrasse. Üppiges Frühstück im Bistro. Jülischer Str.1, DZ ab 85 €, www.hotel-chelsea.de
Von der nahen Domglocke geweckt, blickt man im Hotel Cristall in stylisches Design mit Kurzhaar-Flokati und Anthrazit-Bad. Ursulaplatz 9-11, DZ/ F ab 85 €.
Quasi ein "Fluss-Bett" bietet das art'otel (26) - in Erkern, die am Rhein übers Wassser ragen. Die "Kunst im Bau" schuf die Südkoreanerin SEO: großformatige, quietschbunte Reispapier-Bilder. Holzmarkt 4, DZ/F ab 159 €, www.artotels.com